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Ruhe. Weite. Weltfrieden.

Es gibt sie immernoch, diese Orte die sich anfühlen wie die in der Literatur so romantisch umschriebenen Phantasiewelten, Landschaften die aussehen wie gemalt, Lichteinfälle von denen man denkt sie wären nachträglich in Photoshop hinzugefügt.

Hier auf der Wüsteninsel Fuerteventura freuen wir uns über die Regenfälle, die vor allem im November und Februar auftreten. Es ist, als würde jemand nach einem beschäftigten Touristen-Sommer endlich wieder Zeit haben seinen Garten zu gießen. Für die, die die Insel kennen und lieben. Für alle die, die außerhalb der Saison-Monate hier leben. Für die, denen die Verbindung zum Ozean, zur Natur oder zu sich selbst wichtiger ist als das gut gebräunte Dekolleté.

Stell dir zwei etwa 3 Kilometer lange Gebirgsrücken vor. Du fährst den Berg hoch, nimmst die Kurve in das Tal und auf einmal siehst du nur noch die kleine Welt zwischen diesen Bergen. Klein und riesig zugleich. Alles und nichts.

Wir steigen aus dem Auto. Der Motor ist aus und wir hören gar nichts mehr. Es ist dieser Schallkessel der gen Himmel ausgerichtet ist. Vielleicht hören wir den Frieden des Universums?

Ich nehme mein Longboard und pushe ein paar mal. Es wird schneller und ich habe das Gefühl selbst die kleinste Bewegung vollständig zu kontrollieren.
Irgend so ein Forscher hat mal herausgefunden das es gar nicht die Nacht ist, in der man sich so gut konzentrieren kann, sondern die ungestörte Ruhe der Nacht. Ist es diese Ruhe die mich jeden Slide so präzise kontrollieren lässt?
Ich fühle keinen Adrenalinkick. Es fühlt sich eher an wie Meditation. Ich heize keinen Berg runter, ich gleite durch das Universum. Meine Augen saugen die Umgebung auf, während meine Reflexe die Abfahrt regeln und ich nach jeden Speedcheck das ganze Tal mit Endorphinen fluten könnte.
Yoga, nur eben etwas schneller.

Ein Hund rennt uns nach. Das passiert ziemlich oft, da das surren der Kugellager eines Longboards für Hunde in etwa so schön ist, wie wir der sanfte Klang eines quitschenden Kreidestücks für uns Zweibeiner.
Wir halten an. Der Hund auch. Er guckt ängstlich und agressiv. Was für eine Parallele zu den Einwohnern der ruhigen Dörfer dieser Insel!

Oft versuche ich mir vorzustellen, wie es für die Einheimischen Majoreros wohl ist, wenn ein Haufen Ausländer dieses schmal besiedelte Stückchen Paradies im Kolonialstil übernehmen und zu einem Vergnügungspark mit wöchentlich wechselnder Gesellschaft macht. Was bleibt von einer Fischer und Bauernkultur einiger hundert Menschen, auf einer Insel vom Puls der westlichen Welt isoliert, wenn genau diese Westliche Welt hier her kommt um den kummulierten Jahresstress eines Arbeiterlebens in einigen Wochen zu kompensieren?
Fragen über Fragen und krasse Gegensätze. Leben und leben lassen. Es bleibt Respekt für das was da ist und Offenheit für das was kommt.
Ich habe die Einheimischen als Menschen mit großem und gutem Herzen kennengelernt. Einfach und glücklich. Ich freue mich über jedes ausgetauschte Lächeln der Bewohner Vallebrons, die mir mit ihren Pick-ups entgegenkommen. Sie sammeln mich zur neuen Abfahrt ein, wenn die Straße nicht mehr bergab geht und ich mit ausgestrecktem Daumen am linken Arm und heißen Rollen im rechten Arm um einen Lift zur nächsten Abfahrt bitte. Das ist Freiheit.

Die Sonne geht unter. Die Wolken färben den Himmel ein. Der Wind wischt unglaubliche Formen in das Gemälde. Manchmal fällt es schwer diese Farbpracht wahrzunehmen. Hier ist es fast alltäglich, doch jedesmal wenn ich von einer Reise auf die Insel zurückkomme, weiß ich nach diesem Anblick sofort: Noch ist die natürliche Welt schöner als die modernen, Design-vollendeten Großstädte.
Es ist schön, solche Momente zu teilen. In diesem Moment mit Claudi, die auch die Fotos geschossen hat. Und auch hier im Internet mit euch.

Wir leben definitiv auf einem unglaublichen Planeten. So schön und so vielfältig an seinen Möglichkeiten, die wir im Laufe unseres Lebens erkunden dürfen. Fühlt sich an, wie für uns gemacht. 
Es tut gut, dass von Zeit zu Zeit zu spüren.

Bis bald und viel Spaß auf deinem Abendteuern!

Carl